Einst herrschte Krieg in unserem schönen Land und das idyllische kleine Städtchen, in dem ich heute lebe, stand in Flammen. Doch aus der Asche der Verwüstung entstand ein neues Zuhause für alle, die überlebt hatten. Romantische kleine Gassen, süße Fachwerkhäuser, blühende Gärten und oberhalb der Stadt auf einem grünen Hügel das Schloss der Königsfamilie. Imposanter und strahlender als je zuvor ließ der König es neu erbauen und bezog es mit der Königin und ihrem gemeinsamen Sohn.
„Mein Prinz, Ihr könnt so nicht das Schloss verlassen…. Wenn der König Euch sieht…“ Der Diener des Prinzen war aufgebracht, sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er hatte große Angst, dass der Sohn des Königs sich oder ihn in Schwierigkeiten bringen würde.
„Ich finde es sehr anrührend, dass du dir Sorgen um mich machst, doch das brauchst du nicht. Mein Vater hat mich noch nie erwischt.“ Der Prinz betrachtete sich ein letztes Mal freudig im Spiegel, bevor er zur Tür seines Schlafgemachs hinaus trat.
„Eines Tages wird er Euch erwischen“, sprach sein Diener leise zu sich selbst und sah dem Prinzen nach, der mit seinen langen, blonden Locken, dem Reifrock und dem weinroten Kleid eher einer wunderschönen Prinzessin glich. Er beschloss, den Prinzen auf seinem Weg zu begleiten, in der Hoffnung, dadurch größere Probleme vermeiden zu können und eilte ihm hinterher.
Eben dieser begab sich zu gern unter das Volk seiner wunderschönen Stadt. Denn er liebte es die Menschen dabei zu beobachten, wie sie ihrem normalen Alltag nachgingen. Manchmal beneidete er sie um ihre Freiheit, die sie oftmals nicht als solche erkannten. Prinz Miras saß den ganzen Tag im Schloss fest, durfte nur in Begleitung seiner Eltern oder Diener hinaus und wartete darauf, dass sein Vater sich endlich für eine Prinzessin entschied, mit der er seinen Sohn verheiraten konnte. Es sollte eine Dame aus gutem Haus sein, mit viel Reichtum und großen Ländereien. Dem König war es egal, wie sie aussah oder ob sein Sohn Zuneigung zu ihr empfand. Hauptsache, sie waren abgesichert. Als ob es um unser Königshaus schlecht stehen würde, dachte der Prinz sich und schlenderte durch die Straßen von Viara.
Er spürte, wie er viele Blicke auf sich zog, denn für eine junge Frau war er wirklich bemerkenswert hübsch. Keiner wäre je auf die Idee gekommen, es würde sich bei dieser zierlichen Gestalt um den Prinzen handeln, den man sowieso kaum zu Gesicht bekam. Wahrscheinlich würden die Bewohner des Landes nicht einmal ihren König erkennen, würde er keine Krone tragen.
Sein Diener, Mejro, hatte den Prinzen bald eingeholt und hängte sich an dessen Fersen.
„Was machst du denn hier?“, fragte Prinz Miras leise.
„Ihr solltet nicht alleine unterwegs sein, mein Prinz, das wisst Ihr“, antwortete dieser mit warnendem Unterton.
„Mich erkennt keiner, aber dich kennen die Menschen. Was ist, wenn dich einer mit mir sieht?“ Doch bevor Mejro sich eine Antwort ausdenken konnte, war es auch schon geschehen.
„Mejro, mein Junge, was machst du denn hier unten in der Stadt? Musst du nicht auf das verzogene Gör des Königs aufpassen?“, fragte eine ältere, etwas beleibtere Dame mit Putzlappen in der Hand. Sie kannte den Diener des Prinzen schon von klein auf und hatte sich immer viel um ihn gekümmert. Ihr Name war Dina.
„Ich brauche auch mal einen Nachmittag frei“, erklärte dieser hastig und sah zu Prinz Miras, dem es gar nicht gefiel, dass man ihn als verzogenes Gör bezeichnete. Doch ließ er sich nichts anmerken.
„Aber in Uniform?“, fragte Dina weiter nach.
„Hatte keine Lust mehr, mich umzuziehen“, log er erneut und eilte dem Prinzen hinterher.
„Du bist mir vielleicht ein Lausebengel. Kommst du heut Abend zum Essen zu mir?“, rief sie ihm nach, doch Mejro schüttelte nur den Kopf und rannte weiter.
Keuchend kam er bei seinem Schützling an, der gerade an einem Marktstand stehen geblieben war und die Waren des Verkäufers betrachtete.
„Ihr seid einfach zu schnell für mich Prinz Mi…“ Mejro hielt inne, als er den Händler auf sie zukommen sah.