CRUELTY OF FATE Leseprobe

Es war ein lauer Frühlingstag. Die Sonne schien durch die Äste der Bäume, die Blätter flüsterten im seichten Wind und Vögel zwitscherten fröhlich, während sich Kajsa und Keijo auf einer Lichtung ein gemütliches Plätzchen suchten.
»Was malst du eigentlich?«, fragte sie und lehnte sich gegen einen Baum.
»Alles, was ich als schön empfinde.« Er betrachtete die junge Frau an seiner Seite genauer, was von dieser nicht unbemerkt blieb.
»Würdest du mich malen wollen?«
»Ich würde sehr gerne. Selbstverständlich nur, wenn du damit einverstanden wärst«, antwortete er ernst.
Kajsa legte ihre Hand auf Keijos und lächelte ihn liebevoll an. »Würdest du mich auch nackt malen?«
Keijo fehlten die Worte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er eine nackte Frau malte, doch hatte er nicht damit gerechnet, dass Kajsa ihn danach fragen würde.
»Es tut mir leid, ich wollte dich damit nicht überfallen«, sagte sie, als sie bemerkte, dass es Keijo unangenehm war.
»Das hast du nicht. Ich bin nur ein wenig überrascht, aber natürlich würde ich dich auch nackt malen.«
»Ich würde mich sehr freuen, wenn du die Zeit dazu finden könntest.« Sie lehnte ihren Kopf an Keijos Schulter und schloss, dessen Nähe genießend, die Augen.
Erfreut darüber, dass diese wunderschöne junge Frau seine Gegenwart so sehr genoss, lächelte Keijo verlegen und hielt seinen Blick auf sie gerichtet. Auch er hoffte sehr, dass es ihm seine Zeit bald ermöglichen würde, Kajsa zu malen, und so nahm er ihre elfengleiche Silhouette schon jetzt ganz genau in Augenschein.
Bei Sonnenuntergang betraten sie Koamare wieder durch das Stadttor.
»Jetzt habe ich dir kaum etwas von der Stadt gezeigt«, stellte Kajsa amüsiert fest.
»Das macht nichts. Es war ein sehr schöner Tag und ich hoffe, wir werden uns noch oft sehen. Vielleicht findest du dann auch die Zeit, mir mehr von der Stadt zu zeigen.«
Kajsa lächelte glücklich. Auch sie hatte die Zeit mit Keijo sehr genossen und wünschte sich nichts mehr, als jeden Tag mit dem jungen Mann verbringen zu können.
Er ließ es sich nicht nehmen, Kajsa noch bis nach Hause zu begleiten, wo sie sich verlegen voneinander verabschiedeten.

Als Keijo auf dem Weg zu dem Bauernhof war, auf dem er derzeit wohnte, wurde er unerwartet von Lijan aufgehalten. Der andere Mann, der einen Kopf größer als er war, baute sich bedrohlich vor ihm auf.
»Lass die Finger von meiner Liebsten«, zischte er.
Unsicher, wie er sich verhalten sollte, stand Keijo schweigend auf der Straße und wagte nicht, sich zu bewegen.
»Kajsa und ich, wir kennen uns schon unser ganzes Leben und ich werde sie irgendwann heiraten. Wehe, du drängst dich dazwischen.« Abwartend sah er ihn an, doch Keijo rührte sich nicht. Von der großen Statur des anderen Mannes eingeschüchtert, wagte er es nicht einmal zu blinzeln.
»Hast du mich verstanden?«, fuhr Lijan ihn zornig an und machte noch einen bedrohlichen Schritt auf ihn zu. Keijo wich erschrocken zurück und nickte hastig. Mit einem letzten wütenden Blick auf ihn, stapfte Lijan davon.
Keijos Puls raste. Er starrte einen Moment auf seine zittrigen Hände und setzte seinen Weg dann eilig fort.
Risa, die gerade von der Taverne aus ihren Heimweg antrat, hatte einige Gesprächsfetzen aufgeschnappt. Über Lijans Verhalten verärgert, eilte sie Keijo nun hinterher.
»Bitte warte«, rief sie, als sie den Künstler beinah eingeholt hatte. Erschrocken drehte der sich zu Risa um. Aus Angst nun noch mehr Ärger zu bekommen, wich er abermals ein Stück zurück, als sie näher auf ihn zukam.
»Du bist Keijo, nicht wahr?«, fragte sie außer Atem. Der Angesprochene nickte zögerlich.
»Mein Name ist Risa, ich bin eine Freundin von Kajsa«, stellte sie sich vor.
»Ich habe eben mitbekommen, was Lijan gesagt hat. Bitte vergiss ihn einfach. Kajsa hat kein Interesse an ihm, auch wenn er sich das einredet. Sie mag nur dich, also bitte triff dich weiterhin mit ihr.«
Keijo starrte sie ungläubig an. Verzweifelt dachte er darüber nach, was er ihr antworten könnte, doch stressten ihn Situationen wie diese stets so sehr, dass er keine Worte fand.
»Vielleicht sprichst du mal mit ihr darüber«, fügte Risa an.
»Ich möchte sie nicht damit belasten«, entgegnete Keijo leise, zwang sich zu einem gequälten Lächeln und wandte sich zum Gehen.
Risa sah ihm noch eine Weile nach. Sie hatte gemerkt, wie verunsichert er gewesen war. Es wirkte auf sie, als würde ihn viel mehr belasten, als nur der Ärger mit Lijan, und dennoch schien es als wolle er mit niemandem über seine Sorgen reden.
»Was für ein selbstloser Mensch«, flüsterte Risa und machte sich dann ebenfalls auf den Heimweg.